About Time (2013)

CineCouch Kritik Daniel

Langsam ist es an der Zeit. Zeit voranzuschreiten. Das denkt sich auch Tim, als er in der Neujahrsnacht seines 21. Lebensjahres von seinem Vater ein altes Familiengeheimnis anvertraut bekommt, das sein restliches Leben gehörig auf den Kopf stülpt. Jedes wohlgemerkt männliche (!) Familienmitglied besitze die Gabe, in der Zeit zu reisen. So viel zur Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau, liebe Leserinnen. Nun ja, das tut mir leid, aber wer kann, der kann. Alles, was also für den Sprung in den Zeiten vonnöten sei, so sein Vater, ist eine kleine ruhige Kammer und hohe Konzentration. Die Vergangenheit darf beliebig gestaltet werden, die Zukunft bleibt jedem Reisenden verwehrt. Denkbar einfache Regeln und doch tun sich für Tim immense Möglichkeiten auf.

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Voller Tatendrang macht er sich nun auf, weg vom geregelten Tagesablauf seines idyllischen Heimatortes, in dem die Zeit still zu stehen scheint, hinein in die große, weite Welt. Seine neu entdeckte Fähigkeit wissend im Gepäck. Eine neue Existenz als Anwalt soll her. Und im besten Fall soll sein kleiner neuer Zaubertrick ihm dazu verhelfen, die eine Frau zu treffen.

Dass das in Ansätzen schrecklich kitschig klingen mag, kann ich mir denken. Und eines vorneweg: Wer mit LOVE ACTUALLY (dt. „Tatsächlich Liebe“), Richard Curtis‘ gefühlstriefendem Erstlingswerk, überhaupt gar nichts anfangen kann, ihn nicht einmal seinem schlimmsten Erzfeind am Weihnachtsmorgen aufbrummen möchte, der wird auch mit ABOUT TIME wieder erhebliche Probleme bekommen. Dabei würde ich diesen tatsächlich noch als LOVE ACTUALLY Light einstufen – und das im positivsten Sinne.

Denn hier schafft es Richard Curtis, durch herrlich schräge Charaktere und wundervoll süffisante Dialogführung das Herz des Zuschauers zu berühren, ohne dieses Mal mit den ganz großen Gefühlen ins allzu Kitschige abzudriften. Ein Faktum, das ich LOVE ACTUALLY an mehr als einer Stelle vorwerfe. Der Cast um Hauptdarsteller Domhnall Gleeson, Brendan Gleesons talentierten Sprössling, den die meisten von euch, wenn überhaupt, als Bill Weasley aus den letzten beiden HARRY POTTER Verfilmungen kennen dürften, meistert seine Aufgabe mit Bravour. Sowohl Rachel McAdams als völlig verunsicherter Single als auch Tims gesamte Familie rund um den wieder einmal glänzend aufspielenden Bill Nighy tragen den Film in weiten Teilen auf ihren kleinen Schultern, verleihen der Story die nötige Würze und versprühen dabei einen Vibe, dem man sich nur schwer entziehen kann. Immer vorausgesetzt, man lässt sich auf diese Erfahrung ein.

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Dem Film kann einzig und allein vorgeworfen werden, dass die erste Hälfte recht eindimensional verläuft und im Grunde nur dazu dient, dem Publikum zu zeigen, was schiefgehen kann, wenn man in der eigenen Vergangenheit herumpfuscht. Dabei wären die Worte ‚tiefschürfende Veränderung‘ bereits viel zu hochgegriffen. Auch wenn Tims Fähigkeit, durch die Zeit zu reisen, es vermuten ließe: Curtis‘ neuestes Werk ist bei weitem kein Film der großen Wendungen. ABOUT TIME scheint seinen thematisch größeren Brüdern im Sprung durch die Zeiten eher lässig zuzunicken. Mit leicht verstohlenem Grinsen und den Worten auf den Lippen: Macht ihr mal euer Ding. Ich hingegen bin und bleibe bodenständig. Der BUTTERFLY EFFECT des kleinen Mannes.

Curtis, der unter anderem auch für die Drehbuchvorlagen von NOTTING HILL oder FOUR WEDDINGS AND A FUNERAL verantwortlich war, versucht gar nicht erst, Domhnall Gleeson in Persona von Tim schicksalsträchtig entgleisen zu lassen. Um große Gefahren oder etwa nervenaufreibende Twists zu sehen, habt ihr definitiv den falschen Film gewählt. Vielmehr ist hervorzuheben, dass das Drehbuch Tim an einigen Stellen schon fast mutig abbiegen lässt, ohne die typische Erwartungshaltung des Zuschauers zu befriedigen. Der gebürtige Neuseeländer unternimmt dabei den Versuch, eine ganz bestimmte Schablone zu skizzieren, und zwar die des Menschen, der innerhalb seiner Seifenblase in einer kleinen, heilen Welt zu existieren vermag, in der nun immer mal wieder Stellschrauben variiert werden, ohne den großen Schicksalsschlag heraufzubeschwören. Und wenn doch, dann handelt es sich um nichts, das nicht fix wieder zu bereinigen wäre. Schön und gut, aber klingt das nicht irgendwie nach nett umschriebener Langatmigkeit? Keineswegs. ABOUT TIME funktioniert auch ohne die ganz großen Wendungen und muss sich daher vor vermeintlichen Vorwürfen nicht verstecken. Er will gar nicht mehr sein und fährt damit verdammt gut.

Übrig bleibt also ein Feel-Good Movie, das seinem Namen endlich mal wieder gerecht wird. Die Suche nach der ganz großen Liebe umschreibt dabei nur eine unter vielen Zutaten. Die Bedeutsamkeit der eigenen Familie nimmt einen mindestens genauso wichtigen Stellenwert ein wie auch die rührend erzählte Vater-Sohn-Beziehung, die einen ganz zentralen Part des Filmes ausmacht. Daher fällt dann auch weniger ins Gewicht, dass die Moral der Geschicht‘ letzten Endes recht plakativ daherkommt. Ohne das Rad der Rom-Com neu zu erfinden, verkörpert er Richard Curtis‘ erfrischenden Ansatz, endlich einmal mit kleineren und vor allem filigraneren Projekten als bisher zu arbeiten. In meinen Augen definitiv die richtige Entscheidung. Wer also ein Herz für diese Art von Filmen besitzt, dem sei ABOUT TIME herzlich an ebenjenes gelegt.

ABOUT TIME in der IMDb
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TRAILER:
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