Maps to the Stars (2014)

CineCouch Kritik Jan

Da wird immer gemeckert, dass mal wieder ein Jahr verstreicht und kein deutscher Film im Wettbewerb um die Palme d’Or in Cannes ins Rennen gehen durfte. David Cronenberg sei Dank, war zumindest eine deutsche Koproduktion mit Kanada ein Kandidat für den wichtigsten Filmpreis, auch wenn letztlich nur ein Preis für Julianne Moores Schauspiel heraussprang.

In mehreren miteinander verknüpften Episoden entwickelt sich die Handlung des Films. Im Mittelpunkt steht jedoch die junge, von Brandwunden gezeichnete Agatha (Mia Wasikowska), die in der Stadt der Stars ankommt. Über ihre Twitter-Freundschaft zu Carrie Fisher wird sie bei der alternden Schauspielerin Havana Segrand (Julianne Moore) als persönliche Assistentin eingestellt. Diese wiederum arbeitet ihre durch Misshandlung geprägte Vergangenheit mit ihrer verstorbenen Mutter auf, will gleichzeitig in einem Remake in die gleiche Rolle schlüpfen, die einst von ihrer Mutter ausgefüllt wurde.
Der Jungstar Benjie (Evan Bird) erholt sich derweil von seinen Drogenexzessen, hat gleichzeitig mit Starallüren und dem öffentlichen Druck zu kämpfen. Seine Eltern können ihm dabei kaum helfen, setzen ihn eher noch mehr unter Druck – und scheinen sehr besorgt, als sie von Agathas Ankunft in L.A. erfahren.

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© Daniel McFadden

Beginnt MAPS TO THE STARS noch als leicht überdrehte, bitterböse Satire auf Hollywood, deckt sich im Verlauf des Films doch immer mehr ein psychischer Thriller auf. Dieser Genrewechsel wäre an sich nicht problematisch, zumindest nicht auf dem Papier. Das Drehbuch aus der Feder von Bruce Wagner, der sich vor allem um seine Arbeit am dritten NIGHTMARE-Teil verdient gemacht hat, krankt an einigen Schwächen, die Cronenberg durch inszenatorische Kniffe erst gar nicht zu nihilisieren versucht.

Es bricht einem Film nicht unbedingt das Genick, wenn er sich auf Dialoge verlässt. MAPS TO THE STARS macht allerdings den Fehler, sich auf Dialoge zu verlassen, die oftmals mehr Feinschliff nötig hätten. Viel Ärger wiegt jedoch, dass abgesehen von den Gesprächen, keine Mittel der Filmkunst genutzt werden, keine Hebel in Bewegung gesetzt werden, um das Geschehen aufzubereiten.

David Cronenberg – ein kurzer Exkurs sei mir an dieser Stelle gestattet – wurde in den 80er Jahren vor allem durch seine erschreckenden Body-Horror-Filme berühmt. Aus dieser Ära stammen Kultwerke wie VIDEODROME und THE FLY. In seinen letzten Projekten hat er seine Sujets reifen lassen und versucht weniger durch visuelle Effekte zu schockieren. Seiner Bildsprache hat das nicht unbedingt weitergeholfen, ließ er zuletzt doch die Psychiater Jung und Freud in einem ebenfalls sehr dialoglastigen Drama auf sehr uninspirierte Weise aufeinandertreffen. Danach fuhr Robert Pattinson als Drahtzieher in COSMOPOLIS in einer futuristischen Limousine herum – diesmal darf er im Übrigen als Chauffeur selbst ans Steuer. Was auch COSMOPOLIS fehlte: eine ansprechende visuelle Gestaltung. Die These mag nicht sonderlich begründet sein: David Cronenberg aber scheint seinen schöpferischen Zenit bereits überschritten zu haben.

Jedenfalls setzt sich die visuelle Einfallslosigkeit Cronenbergs leider auch in seinem neuesten Werk fort. Abgesehen vom wirklich ansprechenden Plakatmotiv werden die optischen Reize leider auf die Körper der Darsteller beschränkt, ohne dass deren Charakterzüge besonders hervorgehoben würden. Sehenswert sind leider nur die Darstellungen der weiblichen Hauptdarsteller. Julianne Moore beweist, dass sie noch immer zu den besten Darstellerinnen Hollywoods zählt, während Mia Wasikowska immer mehr an künstlerischem Profil gewinnt.

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© Daniel McFadden

Letztlich ist es Wasikowskas Rolle, die das Drehbuch als zentralen Ankerpunkt des Geschehens gekonnt zu platzieren weiß. Das Rätsel um ihren Charakter wird zusehends aufgelöst und endet in einem unausweichlichen, tragischen Schlussakkord. Leider gelingt der Aufbau zu dem durchaus auch emotional wirksamen Finale nicht durchgehend. Insbesondere die satirischen Elemente wirken vielerorts deplatziert, ob da nun nach Geistererscheinungen auf THE SIXTH SENSE angespielt wird oder Howard Shore auf Angelo Badalamenti macht und TWIN PEAKS-Synthesizer ähnliche Kompositionen unter unheimliche Szenen mischt.

MAPS TO THE STARS kann und will vermutlich nicht ernsthaft hinter die abstrusen und absurden Fassaden Hollywoods blicken lassen, dafür rückt die Satire doch zu sehr in den Hintergrund. Der deutlich stärkere Thriller-Anteil leidet letztlich aber unter genau diesen oftmals gezwungen komisch wirkenden Szenen, obwohl die Handlung auf einer durchaus frischen und sehr ernsthaft geerdeten Grundlage aufbaut. David Cronenberg gelingt es so leider nicht, sein Star-Ensemble mit einem schwächelnden Skript zu einem überzeugenden Film zusammenzubringen. Dafür sind seine künstlerischen Bemühungen einfach zu wenig zu erahnen.