Tracks (2013)

CineCouch Kritik Michi

Nachdem ich von Mia Wasikowkas Schauspielleistungen in STOKER und etwas später auch in ONLY LOVERS LEFT ALIVE durchaus begeistert war (und ich die nervige Alice vergessen konnte), war ich sehr angetan von dem Trailer von TRACKS (dt.: „Spuren“, R: John Curran). Die Idee, dass man als Zuschauer sozusagen eineinhalb Stunden mit ihr allein durch die Steppen und Wüsten Australiens wandert und sie uns die idealistische, wahre Geschichte Robyn Davidsons präsentiert, gefiel mir doch sehr. Generell hatte ich mir ein wenig erhofft, einen emotionalen, charaktergetrieben Landschaftsfilm, vielleicht wie im Sinne von INTO THE WILD oder THE SECRET LIFE OF WALTER MITTY zu sehen. Wie ich ihn letztendlich fand, lest ihr hier.

1977 macht sich die junge Robyn Davidson (Mia Wasikowska) mit vier Kamelen und einem Hund von Alice Springs auf zur knapp 2000 Meilen entfernten Westküste Australiens. Es geht ihr um die Reise an sich und darum, alleine zu sein, wobei der National Geographic Fotograf Rick Smolan (Adam Driver) eigentlich nur stört. Aber ohne den Fotografen-Deal hätte die Camel-Lady ihre Reise nicht finanzieren können, also treffen sie sich auf der Reise insgesamt drei Mal für kurze Shootings und Berichte. Zwischendurch trifft sie aber auch immer wieder auf unvorhergesehene Menschen und Situationen, muss den Tücken und Strapazen des Outbacks trotzen und vor allen Dingen ihr Ziel nicht aus den Augen verlieren.

Mia Wasikowska TRACKS
© Ascot Elite

Der interessanteste Aspekt des Films ist seine Entscheidung nur die wirklichen Events der Reise zu zeigen und nicht die vorhersehbaren und zu erwartenden Probleme. Denn, dass es sehr heiß wird, Robyn Sonnenbrand bekommt und teils unter Wassermangel leidet, dass auch irgendwann Langeweile in der ständigen repetitiven Alltagsroutine aufkommt, sind alles Inhalte, die man sich als Zuschauer denken kann, ohne jemals einen Fuß in die Wüste gesetzt zu haben. Der Regisseur scheint sich dafür entschieden zu haben, eben genau das nicht zu zeigen und gerade einmal die Planung der Reise ein wenig zu thematisieren. Der Rest der Films besteht aus den Situationen, die die Figur Robyn nicht in ihre Reise miteingeplant zu haben schien und ihre Wanderung weg von der Zivilisation, ihren kurzzeitigen Traum vom Ausstieg, stören.

Und genau das ist das Problem des Films. Die Figur steht eigentlich nicht wirklich im Vordergrund des Films, denn dazu wird ihr Charakter mit ihren Leiden, Passionen und Eigenheiten nicht ausreichend genug beleuchtet. Mehrere ihrer Entscheidungen sind für den Zuschauer nur schwer nachvollziehbar und so entfernt man sich eher von ihrer Person, als sich emotional anzunähern und somit auch im Film zu versinken. Und das, obwohl im Film genügend Platz und Möglichkeiten dafür gewesen wären. Ganz oft bekommt man das Gefühlt, dass TRACKS für Leute gemacht wurde, die entweder das Buch gelesen oder die Geschichte damals in den Medien mitverfolgt haben.

Weiterhin könnte man denken, dass es größtenteils um die atmosphärischen, wunderschönen Bilder des australischen Outbacks geht. Trotz der Bemühungen des Regisseurs sind die Bilder nicht sehr abwechslungsreich, irgendwie faszinierend oder sorgen für herausragende Momente. Dass Letzteres mit kargen und doch eigentlich langweiligen Wüstenlandschaften funktioniert, hat vor langer Zeit schon  David Lean mit LAWRENCE OF ARABIA bewiesen. Trotzdem kann man den Film als „schön“ bezeichnen, aber letztendlich wirkt er selbst auf großer Leinwand nicht viel mehr als nett.

TRACKS© Ascot Elite

Insgesamt gesehen fehlt dem Film eine klare Entscheidung, was er eigentlich will. Eigentlich geht es um die intime Geschichte einer emanzipatorischen Außenseiterin, die dem Zuschauer aber scheinbar bewusst nicht nahe gebracht wird. So gibt es zwei emotionale Höhepunkte im Film, nämlich den Tod des Hundes und die Begegnung mit einem sehr sympathischen Eingeborenen, der sich aufgrund der Sprachbarriere nur mit Hand und Fuß verständigen kann. Wie kommt es, dann man sofort eine Beziehung mit dem „stummen“ Eingeborenen eingeht, es aber kaum schafft, mit der Hauptcharakterin mitzufühlen und eine Bindung zu ihr aufzubauen?

An den Schauspielkünsten liegt es eigentlich nicht, denn Wasikowska macht ihre Sache durchgehend gut, wenn auch nicht überragend. Vielleicht konnte sie aus der Rolle einfach nicht mehr herausholen, denn grundlegend schwankt die Gefühlswelt von Robyn zwischen „haut ab, ich will allein sein“, „ich gehe jetzt von A nach B“ und „euh, du nervst, aber ich habe trotzdem Sex mit dir“ immer mal wieder hin und her. Um zu entscheiden, ob an der flachen Charakterzeichnung nun das Drehbuch, Wasikowskas vielleicht doch nicht auszureichendes Schauspiel oder tatsächlich die wirkliche Robyn schuld ist, müsste man wahrscheinlich das Buch lesen.

Das hört sich jetzt schon wieder schlimmer an, als ich es tatsächlich meine. Insgesamt hat mich der Film schon ganz nett unterhalten, aber eine Zweitsichtung ist erst mal nicht abzusehen. Ich habe erwartet, mitgerissen zu werden, und wollte einen Film präsentiert bekommen, der seinen starken, facettenreichen Charakter so darlegt, dass man als Zuschauer in seinen Leidensweg hineingezogen wird. Meine Enttäuschungen machen sich dann in einer vielleicht überspitzten Kritik breit. Dennoch bin ich der Meinung, dass die Story großes Potential hatte, das schlichtweg nicht ausgeschöpft wurde. Man bekommt mit TRACKS einen Film mit einer zu Allem bereiten Mia Wasikowska, einem nicht gut durchdachten Drehbuch, das für mich nur stellenweise funktioniert und über das auch ein toter Hund nicht hinwegtäuschen kann. (Ich war erstaunt, wie viele bei der Stelle um mich herum geweint haben, plötzlich kam ich mir hartherzig vor.) Vor allem im Vergleich mit WALTER MITTY und Konsorten, kann TRACKS einfach nicht mithalten – schade.