Sum-bakk-og-jil (2013)

HIDE AND SEEK – KEIN ENTKOMMEN

CineCouch Kritik Jan

Koreanische Thriller sind spätestens seit dem internationalen Erfolg von ParkChan-wooks OLDEUBOI 2003 voll und ganz in der westlichen Hemisphäre angekommen. Nicht zuletzt gelang in den letzten Jahren auch immer mehr südkoreanischen Regisseuren der Sprung nach Hollywood. Während die nun mit US-Stars besetzte Blockbuster drehen, kommen in ihrem Heimatland schon die nächsten Akteure ihrer Kunst ans Licht.

HIDE AND SEEK, der Debütfilm von Huh Jung, konnte im vergangenen Kinojahr ein beachtliches Ergebnis am südkoreanischen Box-Office vorweisen. Der niedrig budgetierte Thriller stieg auf Rang 8 der letztjährigen Kinocharts. Das weckt Begehrlichkeiten. Seit September 2014 ist der Film auch hierzulande als Direct-to-DVD Erscheinung erhältlich.

Natürlich ist der südkoreanische Film nicht auf Thriller beschränkt, auch wenn uns das die Auswertungen in Deutschland glauben lassen wollen. Viel seltener aber erreichen Filme aus dem asiatischen Land den westlichen Zuschauer. Möchte man über den Tellerrand hinüberschauen, so lohnt sich der Besuch von internationalen Filmfestivals, die das südkoreanische Kino in den vergangenen Jahren mehr und mehr in ihre Programme aufnehmen und dabei wahre Perlen zu Tage bringen. Bei HIDE AND SEEK darf sich der Zuschauer aber auf das freuen, was die weitläufige Meinung verspricht: fesselnde Unterhaltung, der aber selbst eigene Fesseln auferlegt sind.

HIDE AND SEEK_Full (32)© Edel: Motion Film

Seong-soo (Son Hyeon-ju) und seine Frau Min-ji (Joen Mi-seon) leben ein Leben wie aus dem Bilderbuch. Mit ihren zwei Kindern wohnen sie in einem Traumappartement in einem der angesehensten Stadtteile Seouls. Als Seong-soos Bruder wie vom Erdboden verschluckt ist, beginnen merkwürdige Ereignisse. Die Familie wird von einem vermummten Mann verfolgt und Seong-soos lang behütetes und fast vergessenes Geheimnis aus der Vergangenheit tastet sich langsam aber sicher an die Oberfläche. Und die heile Welt wird von ungeahnten Gefahren ins Wanken gebracht.

Im Kern erinnert HIDE AND SEEK an eine Mischung aus den Filmen CACHÉ von Michael Haneke und Pang Ho-Cheungs DREAM HOME – zugegebenermaßen zwei sehr unterschiedliche Stoffe. Doch gegen beide muss Huh Jungs Debüt starke Abstriche hinnehmen. CACHÉ erzählt eine Geschichte verdrängter Erinnerung, die er mit einer höchst interessanten Meta-Ebene über Multimedialität und Gedächtnisbilder vs. Filmbilder anreichert. DREAM HOME bleibt durchaus weniger tiefergehend, zeichnet als brutaler Slasher aber eine höchst zynische Kritik am aufsteigenden Kapitalismus Hong-Kongs.

HIDE AND SEEK lässt in beiden Fällen Tiefgang missen. Ähnliche Motive werden zwar bemüht, doch recht wertlos verschenkt. Stattdessen verlässt sich der Thriller auf Genrekonventionen, die gerade zum Ende hin einem Horror-Film nicht unähnlich sind. Die Parallelen zu Slasher-Kollegen im Horror-Bereich sind im Finale offenkundig. Der Fokus liegt aber stets primär auf Spannung. Die erzeugt HIDE AND SEEK tatsächlich sehr gekonnt: Die Fragen nach dem Täter und dessen Motiv bleiben lange offen und deren Antworten ebnen einige schockierende Momente den Weg.

HIDE AND SEEK_Full (104)
© Edel: Motion Film

Dass dann aber ausgerechnet das Finale durch seine überangestrengte Länge an Faszination verliert, dürfte als größter Kritikpunkt angemerkt werden. Gerade in den wichtigsten Minuten verzettelt sich der Regisseur zu sehr im Moment, dessen Wirkung durch immer wieder neue Wendungen innerhalb der Kraftverhältnisse zunehmend nachlässt und dem Nullpunkt entgegenläuft – schade. Denn bis dahin entwickelt der Film einen wahrhaftigen Sog, dem man nur schwer entkommen kann.

Letztlich mangelt es HIDE AND SEEK an Tiefe und dem richtigen Gespür für Dramaturgie, um mit den großen Vorbildern und Aushängeschildern des südkoreanischen Kinos mitzuhalten. Immerhin spielt der Thriller mit Elementen, die das länderspezifische Genre auszeichnen: allen voran die Rache-Logik. Huh Jung hat mit HIDE AND SEEK einen durchaus für Genre-Fans ansprechenden Thriller geschaffen, der gegen die direkte Konkurrenz nicht besteht und – was deutlich bedauernswerter ist – sich nicht von seinen eigenen Fesseln löst.

HIDE AND SEEK in der IMDb
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