IMDb / Letterboxd / KOR 2013, R: Geun-seop Jeong
Südkorea hat sich seit der Jahrtausendwende zum weltweiten Nonplusultra gemausert, was düstere Thriller angeht. Von OLDBOY über MEMORIES OF MURDER bis hin zu THE CHASER oder A BITTERSWEET LIFE: All diese Werke einen ein Stilwille, der seinesgleichen sucht, und eine pessimistische inhaltliche Konsequenz. Zudem kreisen viele dieser Vertreter um das Thema Rache. Der in Südkorea mehrfach preisgekrönte und frisch in Deutschland erschienene Publikumserfolg VERJÄHRUNG ruft auf den ersten Blick Erinnerungen an seine Genre-Vorgänger wach, schlägt mit seinem deutschen Verleihtitel aber auch einen Bogen in Richtung der skandinavischen Bestseller-Verfilmungen Stieg Larssons und Jussi Adler-Olsens.
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Detective Cheong-Ho muss machtlos hinnehmen, wie ein Verbrechen, mit dessen Ermittlung er betraut war, nach 15 Jahren strafrechtlich verjährt. Die Tochter der jungen Ha-kyung war entführt und getötet worden. Cheong-Hos Besessenheit wird neu entfacht, als kurz nach Ende der Verjährungsfrist erneut ein Mädchen entführt wird. Die Fälle tragen deutliche Parallelen, sodass sich Cheong-Ho mit seinem Team auf die Jagd nach dem Täter macht, den er auch für das verjährte Verbrechen schuldig hält.
Das Filmdebüt des beim Blue Dragon Award 2013 als Bester Neuer Regisseur prämierten Geun-seop Jeong führt zunächst seine Figuren ein und zeichnet die 15 Jahre zurückliegende Entführung nach. Kurz vor Ablauf der Verjährungsfrist erlangen die Ermittler neue Hinweise auf den Täter und somit die Möglichkeit, den Täter zu fassen – und hier beginnen die Probleme des Films.
Denn VERJÄHRUNG balanciert bezüglich der Nachvollziehbarkeit der handelnden Personen konstant auf einem schmalen Grat. Zunächst legen die Polizisten eine beeindruckende Gabe zur Verbrechensaufklärung an den Tag, schaffen es, dank der Kombination verschiedenster Indizien das Fahrzeug des Entführers zu ermitteln. Das folgende erste Aufeinandertreffen endet mit einer Gegenüberstellung, in dessen Folge eine Festnahme zwingend erfolgen muss. Wie durch ein Wunder schafft es der Täter jedoch zu fliehen, obwohl er praktisch schon gestellt wurde. Seinen Regenschirm muss er zwar zurücklassen, doch keiner der Polizisten interessiert sich für dieses Beweismittel. Bezeichnenderweise wurde zuvor noch auf die Wichtigkeit von Fingerabdrücken hingewiesen, auch bei späteren Spuren sind diese von größter Wichtigkeit – scheinbar gilt dies aber bloß dann, wenn es der narrativen Struktur des Films dienlich ist.
Da die Polizisten kluge Polizeiarbeit gern vernachlässigen, befragen sie auch nicht die Hauptzeugin und Mutter des getöteten Mädchens Ha-kyung, als sie Parallelen zwischen den Fällen entdecken. Daher kann sich diese auf eigene Faust an die Aufklärung machen und beginnt folgerichtig mit dem Regenschirm.
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VERJÄHRUNG tischt dem Zuschauer leider immer wieder solche Gegebenheiten auf. Nur wer gewillt ist, diesen Ungereimtheiten zu folgen, wird Spannung empfinden, der Rest wird aus dem Geschehen immer wieder herausgerissen. Die Aufklärung webt einen durchaus interessanten Racheplan mit ein, greift so die koreanische Thriller-Tradition auf und stellt schwer zu beantwortende Fragen zu moralischen und juristischen Recht. Das menschliche Drama und die moralischen Facetten sind zweifellos die Stärke des Films. Auch hier fühlt man sich jedoch als mitdenkender Zuschauer leider an der Nase herumgeführt: Der Rache-Logik folgend, stand das Entführungsopfer von Anfang an fest. Widersprüchlicherweise stellt VERJÄHRUNG die Suche des Täters nach seinem Opfer hingegen zuvor bildlich als willkürlich dar, ein kleiner Junge kann seiner Entführung etwa entkommen, wodurch ein Mädchen zum tatsächlichen Opfer wird.
VERJÄHRUNG scheitert letztlich an der fehlenden Logik des Geschehens und am Anspruch, den Zuschauer ständig überraschen zu wollen. Abgesehen davon handelt es sich um einen solide gefilmten und toll gespielten Thriller, dem man den Status eines Erstingswerks noch anmerkt. Beim Vergleich mit den Besten der südkoreanischen als auch skandinavischen Kollegen zieht VERJÄHRUNG den Kürzeren, Genre-Fans können dennoch einen Blick wagen.
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