V/H/S (2012)

CineCouch Kritik Daniel

Was würde als erster Beitrag meinerseits besser passen, als direkt mit einem Genre-Vertreter zu beginnen, der seit Release stark polarisierte und gepflegte Horrorfans in zwei Lager spaltete. Und wer weiß, vielleicht kriegen wir es ja hin, eine kleine Horrorecke auf unserer neuen Seite zu eröffnen. Hach, wäre das schön. Wie ihr dem Titel entnehmen könnt, handelt es sich hier und heute um den Found-Footage Film V/H/S aus dem Jahre 2012.

Da der Film sich gerade von der Ungewissheit des Zuschauers nährt und ich durch zu detaillierte Betrachtung allen Wind aus den Segeln nehmen würde,  werde ich versuchen, möglichst spoilerfrei zu bleiben. Gleichzeitig aber nicht nur an der bloßen Oberfläche zu kratzen. Sagen wir mal, wir beschränken uns zusammen auf einen kleinen Blick durch das Türschloss, nur um gerade genug Details zu erhaschen. Dies ist auch der Grund, weshalb ich euch rate, keinen Trailer auf der Internetseite eures Vertrauens anzuklicken – wenn ihr es nicht schon längst getan habt…(sagt nicht, ich hätte euch nicht gewarnt!).

Bei näherer Betrachtung wird dem aufmerksamen Rezipienten die ungewöhnlich hohe Anzahl an Regisseuren ins Auge gesprungen sein. Hierbei handelt es sich nicht etwa um einen Anzeigefehler. V/H/S ist ein typischer Vertreter des Episodenfilms, wobei nun jedem Filmemacher – von David Bruckner, dessen halbgares Regiedebüt THE SIGNAL einigen Genrefans von Begriff sein wird, über den wohl am etabliertesten Regisseur der illustren Runde Ti West, Glenn McQuaid, Joe Swanberg, der eigentlich im Romantic-Drama beheimatet ist, bis hin zu dem eher unbekannten Youtube-Kollektiv Radio Silence, welches sich ganz nebenbei aus unseren vier Hauptcharakteren zusammensetzt – ein Segment des Ganzen anvertraut wurde, an welchem er bzw. sie sich praktisch frei austoben durfte(n).

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Eingebettet werden diese Fragmente in einen, nun nennen wir es einmal Hauptplot – um der Konvention Willen, und um nicht gleich zu viel meines Fazits vorwegzunehmen. Jetzt stellt sich natürlich die Frage, ob zu viele Köche den von uns geliebten Brei verderben, oder es dem Regie-Kollektiv gelingt, die Episoden, wenn nicht in einen inhaltlichen, so doch in einen kausalen Zusammenhang zu stellen? Schafft es der Film gar, dem zuhauf gemolkenen Found-Footage-Genre neue Aspekte abzugewinnen, und dem Rezept einige neue Zutaten hinzuzufügen?

Zu Beginn befinden wir uns in Begleitung der Amateurfilmer und  Protagonisten Brad, Gary, Rox und Zak. Sie werden zugleich als unsympathische Rüpel etabliert. Ob Zerstörung fremden Eigentums, Bedrängen fremder Frauen auf der Straße oder heimliches Filmen eines One-Night-Stands – alles wird auf Film gebannt und an den nächstbesten Pornoladen verhökert. Nach abermals erfolgreichem Streifzug plaudert einer der Jungs über einen vermeintlich großen Fisch, den er an Land gezogen haben will. Großes Geld in nur einer Nacht und die Aufgabe klingt höchst simpel: Die Bande soll in das Haus eines Rentners einbrechen und eine ganz spezielle, titelgebende VHS-Kassette entwenden. Dies lassen sie sich natürlich nicht zweimal sagen und begeben sich prompt auf den Weg zu besagtem Gebäude. Dort angekommen, finden sie den Hausbesitzer scheinbar tot in seinem Sessel mitsamt einem Haufen alter Gerätschaften und Fernseher vor der Nase. Trotz der Umstände lassen sie sich nicht beirren und gehen auf die Suche nach der so wertvollen Beute. Wo sich die Gelegenheit schon einmal bietet, bleibt einer der Kumpanen im Zimmer des Toten und sichtet die herumfliegenden Tapes, indem er sich einfach direkt vor den Leichnam setzt (dude, seriously?). Nun sind wir an dem Punkt angelangt, an dem der Film seine Stärken ausspielen kann, und die liegen ganz klar in den einzelnen Kurzfilmen.

Ohne viel auf die Geschichten einzugehen – ob es sich nun um ein Reise-Tagebuch eines frisch verliebten Pärchens, um einen Kurztrip an einen entlegenen See oder um eine scheinbar von Geistern heimgesuchte Frau handelt – der Film hat definitiv einiges zu bieten. Doch hier beginnt auch schon das ganze Dilemma. Die Einzelwerke unterscheiden sich nicht nur in der Quantität ihrer Ideen, sondern auch in der Qualität ihrer Umsetzung. Hierbei lässt sich – um euch wie gesagt nichts des Inhalts zu spoilern – anführen, dass mich zwei der fünf Storys total kalt gelassen, wenn nicht sogar gelangweilt haben.

Auch der Ruf nach einem tieferen Sinn, weshalb sich diese Kassetten überhaupt im Haus anhäufen, bleibt ungehört. Gehören sie etwa zu den skurrilen Vorlieben des Hausherren?? Oder handelt es sich bei dem Leichnam vielleicht auch gar nicht um diesen, sondern um einen völlig Fremden, der etwa dazu gezwungen wurde, sich die Tapes Nacht für Nacht anzuschauen?? Ihr könnt eure Gedanken gern noch weiter schweifen lassen als ich, doch der Film wird uns all diese Antworten schuldig bleiben. Es wirkt ein wenig so, als hätte sich niemand der Verantwortlichen wirklich die Mühe gemacht, uns plausible Gründe für die Geschehnisse zu liefern. Vielmehr hat man den Eindruck, dass ein leeres Konstrukt geschaffen wurde, um die einzelnen Kurzfilme mitsamt ihrem Schauwert in einem angemessenen Rahmen zu präsentieren.

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Sicherlich haben einige der Geschichten viel zu bieten, doch kann dies einfach nicht über die drehbuchtechnischen Unzulänglichkeiten hinwegtäuschen. Umso tragischer, da ich V/H/S als ausgesprochener Fan des Found-Footage-Genre gerne gemocht hätte, und mir neue Impulse aufgrund des Mix zwischen shakey-Cam und Episoden-Struktur erhofft hatte.

Nachtrag: Mittlerweile steht mit V/H/S 2 bereits der Nachfolger in den Startlöchern. Viel kann man nach dem ersten Trailer natürlich noch nicht sagen. Mal ganz davon abgesehen, dass ich nicht den Fehler begehen möchte, mit zu hohen Erwartungen dem Release entgegenzublicken. Dafür enttäuschen mich gerade Horror-Sequels bei weitem zu oft, ist es doch meistens nur der rostige alte Name, welcher, zwecks Marketing, noch als Überbleibsel vorhanden bleibt. Doch ob die Fortsetzung der unheilbringenden Videokassette in die gleiche Kerbe schlägt, bleibt abzuwarten.

Mit den Regie-Größen kann er jedoch wahrlich schon jetzt groß auftrumpfen: Waren es nicht Eduardo Sanchéz (Regie) und Gregg Hale (Produzent), die im Jahre 1999 mit THE BLAIR WITCH PROJECT den im ausklingenden Jahrtausend im Blindflug befindlichen Horror neu kallibrierten und dem Subgenre des Found-Footage Filmes eine ernst zu nehmende Heimat gaben. Des Weiteren versprechen Namen wie Gareth Evans, der bereits mit dem indonesischen Hochhaus-Geklöppel THE RAID seine persönliche Schneise im Action-Genre hinterließ oder Jason Eisener, dessen mittlerweile beschlagnahmte Trash-Perle HOBO WITH A SHOTGUN schon nach weniger Zeit als kultverdächtig gilt, einen heiden Spaß, der eventuell noch dieses Jahr in die deutschen Lichtspielhäuser kommt. Ein genauer Termin steht zu diesem Zeitpunkt noch nicht fest, doch Vorfreude ist bekanntlich die schönste Freude, nicht wahr?

V/H/S in der IMDb
V/H/S auf Letterboxd

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Trailer – V/H/S 2:
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