Veronica Mars und die Macht der Fans

CineCouch Essay Jan

Geld ist Macht – das war schon immer so. Wer das Mammut-Fleisch gehortet hat, bestimmte, wie es innerhalb des Stammes auszusehen hatte. Das hat sich bis heute nicht geändert. Mammut-Fleisch wurde durch Banknoten und ellenlange schwarze Zahlen auf Konten ersetzt – der Stamm durch allerhand soziale Gefüge. Dass diese eher pessimistisch-kritische Haltung nicht immer nur Schwarzmalerei sein muss, beweist seit einigen Jahren ein mittlerweile gar nicht mehr so neuer Trend, vor allem im Internet: Crowdfunding.

 Was ist Crowdfunding?

Beim Crowdfunding spielen drei Parteien eine wichtige Rolle: Erstmal gibt es die Plattform, die überhaupt notwendig ist, um das ganze zu veranstalten – die bekanntesten sind das US-amerikanische Kickstarter und das deutsche Pendant Startnext.
Als zweites gesellt sich der Initiator eines Projekts ein. Das kann viele Formen annehmen: von Kunstausstellungen über experimentelle Prototypen, Brettspiele oder Freizeitangebote, von Videospielen bis hin zu Filmen. Der Projektinitiator gibt eine Mindestsumme an, die er nach seiner Kalkulation zur Realisierung benötigt, meist wird im Gegenzug ab bestimmten Beiträgen ein Dankeschön in verschiedenen Formen (beispielsweise eine DVD des fertigen Films oder eine persönliche Danksagung) angeboten.
Hier kommt die dritte und wichtigste Partei ins Spiel: Die crowd. Also, alle Leute, die sich auf der Plattform herumtreiben und Geld für die Projekte ihrer Wahl investieren oder spenden wollen. Erreicht ein Projekt seine Mindestsumme, so erhält das Projekt auch das Geld – wird die Summe verfehlt, geht das Geld zurück an die Spender.

Was hat das mit Veronica Mars zu tun?

Im Falle von VERONICA MARS gleicht mein Anfangssatz mehr einer Revolution „von unten“ – nun, es kommt auf den Standpunkt an. Aber zuerst einmal eine Erklärung, worum es in VERONICA MARS eigentlich geht:
Es handelt sich dabei um ein 2004 zum ersten Mal ausgestrahlte TV-Serie von Schöpfer Rob Thomas. Die gleichnamige Hauptrolle verkörperte Kristen Bell. In weiteren Rollen waren der schon gestandenere Darsteller Enrico Colantoni als ihr Vater zu sehen. Aber auch heutige Stars wie Amanda Seyfried starteten ihre Karriere in der Serie. Die ist ein Mix aus Highschool-Dramödie und Film-noir-Elementen. In dieser Form einzigartig; vor allem durch ihre Staffel-übergreifende Primärhandlungen und spritzig-witzigen Dialoge.
2007, nach der dritten Staffel, wurde die Serie eingestellt. Grund waren wie so häufig in der Fernsehgeschichte mäßige Einschaltquoten. Doch die Serie wurde nie ganz vergessen, erfreut sich nach wie vor einer eingefleischten Fan-Gemeinde und wurde nicht zuletzt von Schöpfer Thomas und Hauptdarstellerin Bell immer wieder ins Gespräch gemacht.

Veronica_Mars
© Warner Bros.

Letztes Jahr gab Warner Bros., die die Rechte an der Serie und allen damit zusammenhängenden Projekte hält, die Rechte für eine Crowdfunding-Aktion frei – und eröffnete damit den Weg zu einer beispiellosen Kampagne. Thomas und Bell schalteten schnell und erstellten ein Projekt auf Kickstarter. Das Projekt ist an sich nichts besonderes. Die Initiatoren stellten ein Video online, in dem sie ihre Vorhaben vorstellen, Prämien für die Unterstützer wurden verkündet. Alles schon tausende Male gesehen. Doch es dauerte nicht einmal 24 Stunden bis die Mindestsumme von 2 Mio. US-$ erreicht war.

Am Ende stehen den Machern 5,7 Mio $ von über 91.000 Unterstützern zur Verfügung – Rekord. Es dauert 11 Monate, bis der Film Mitte März nicht nur in einigen amerikanischen Kinos läuft, sondern sogar in Deutschland einen Release erhält. In Amerika ist der Film zwar über Video-on-Demand-Dienste wie iTunes gleichzeitig zum Kinostart verfügbar, dem Film gelingt dennoch der Sprung in die Kino-Top-10, mit 2 Mio. $ Umsatz an den Kinokassen.

Wie geht es weiter?

VERONICA MARS ist letztlich das geworden, was Fans sehen wollten: Eine im Grunde auf doppelte Länge angewachsene TV-Folge der Serie, nur eben im Kino. Fanservice vom Feinsten. Dass das Projekt eine Herzensangelegenheit war, zeigt sich nicht nur an der anhaltenden Bemühung von Bell und Thomas VERONICA MARS weiterleben zu lassen, sondern auch an der puren Menge an ehemaligen Darstellern, die selbst für kleinste Rollen dem Ruf vom Serienschöpfer folgten.

VERONICA MARS ist damit vorläufig wieder da, womöglich besteht die Chance, die Serie im Internet neu aufleben zu lassen. Netflix hat das schon mehrfach bewiesen. Am Willen der Beteiligten jedenfalls wird es nicht scheitern.

Und Crowdfunding?

VERONICA MARS ist nicht das erste große Kickstarter-Projekt. Es ist aber durchaus ein Meilenstein und damit auch nach Einlösen der Ankündigungen ein vollkommener Erfolg für die Macher, ja, aber auch für die Plattform an sich. Crowdfunding kann zu einer ernstzunehmende Gewalt (im Sinne von politischer Gewalt) in der US-Filmindustrie wachsen. Projekte wie VERONICA MARS oder auch Zach Braffs zweite Regie-Arbeit WISH I WAS HERE und nicht zuletzt das deutsche Erfolgsprojekt STROMBERG beweisen, dass Crowdfunding Früchte tragen kann. Es wird sich zeigen, was Crowdfunding wie im Falle der Plattform Kickstarter mit Hollywood macht. Klar ist jedenfalls: Geld von den Fans ist eben auch Macht.