#9 – THE INNOCENTS
(UK 1961, Regie: Jack Clayton)
Niels: Der britische Horrorfilm THE INNOCENTS, in Deutschland auch als „Schloss des Schreckens“ bekannt, hat sich im Laufe der Jahre einen gewissen Status erarbeitet. Ihn einen Klassiker zu nennen wäre wohl etwas hoch gegriffen, aber er stellt doch mehr als einen Geheimtipp dar. Deborah Kerr gibt darin eine unverheiratete Gouvernante, die sich in einem abgelegenen Landhaus um zwei Waisenkinder kümmert. Schnell stellt sie fest, dass zwei frühere Hausangestellte unter mysteriösen Umständen gestorben sind und zuvor eine Art sadomasochistische Affäre pflegten. Gleichzeitig beginnt sie, geisterhafte Gestalten auf dem Anwesen zu erblicken und entwickelt die Überzeugung, dass die beiden toten Angestellten Besitz von den Waisenkindern ergriffen haben müssen.
Der Clou an THE INNOCENTS ist die Frage, ob die Sorgen der Gouvernante begründet oder Ausdruck ihrer sexuellen Frustration sind. Für beide Möglichkeiten werden im Filmverlauf deutliche Argumente präsentiert. Doch die gestelzten Dialoge und die theatralen Darbietungen der Kinderdarsteller zerstören einen Großteil der Atmosphäre. Auch Spannung kommt aufgrund des extrem getragenen Pacings erst im Finale auf, wo das einzige Mal eine wirkliche Bedrohung herrscht. Schade, denn THE INNOCENTS überzeugt zumindest handwerklich: Die Beleuchtung der dunklen und kontrastreichen Schwarz-Weiß-Bilder ist herausragend gelungen, außerdem beinhaltet der Film einige tolle Montagen mit vielen Überblendungen. Insgesamt halten sich somit positive und negative Eindrücke bei mir die Waage.
#10 – AN AMERICAN WEREWOLF IN LONDON
(UK/USA 1981, Regie: John Landis)
Michi: AN AMERICAN WEREWOLF IN LONDON ist, soweit ich mich richtig erinnere, wohl mein erster, richtiger Werwolffilm. Natürlich tauchen Werwölfe immer wieder in Monsterfilmen auf, gern gesehen als Wiedersacher des Vampirs in zum Beispiel VAN HELSING. Doch nun bevölkert er allein die Leinwand und konnte wahrlich überzeugen. Schon beim ersten Dialog der Hauptcharaktere Jack und David merkt man, dass sich der Film nicht ganz so ernst nimmt, den Zuschauer vor allen Dingen gut unterhalten will und mit ganz viel Herzblut gemacht wurde. Dies merkt man am deutlichsten an den auch heutzutage immer noch beeindruckenden Masken und der allgemeinen Inszenierung des Werwolfs. Die Szene, in der sich David Schritt für Schritt unter höllischen Qualen in dieses haarige Monster verwandelt, ist das Highlight des Films und unvergesslich. Auch der im Verlauf des Films verwesende Jack ist genial gemacht und gibt dem Film das gewisse Etwas. Weiterhin wissen die Charaktere mit Charme zu überzeugen, sodass man über so manche lahme Szene des Films schnell hinweg sieht. Insgesamt ein rund um gelungener Monsterfilm, der gut unterhält und aus der grauen Masse strahlend heraussticht. Auch heute noch sehr sehenswert!
#11 – INTERVIEW WITH THE VAMPIRE
(USA 1994, Regie: Neil Jordan)
Niels: Zu diesem Film mag ich eigentlich nicht viele Worte verlieren. INTERVIEW WITH THE VAMPIRE ist schlicht kein Horrorfilm. Nur weil man Vampire irgendwo reinsteckt, macht es das nicht zu einem solchen. Die Dialoge sorgen nicht für Grusel, Spannung oder Schock, sondern für pure Langeweile. Ja, ich verstehe, dass das alles ach so existenzialistisch ist, Vampirismus und ewiges Leben ihren Preis haben. Tom Cruise ist halt ein Sadist und Brad Pitt eine Heulsuse. Aber interessieren tut mich das nicht im Geringsten, wenn sie in ihren Rüschenkleidchen irgendwelche Südstaaten-Häuser abfackeln und schwülstig daher reden. Geh halt sterben, du suizidialer Emo, aber rede nicht bloß die ganze Zeit davon! Und dann noch dieses eklige „Sympathy for the Devil“-Cover am Ende… Das soll nun ein Meisterwerk in Sachen Dramatik, Tragik und Leidensgeschichte sein?! Nein danke, bleibt mir bloß alle weg mit eurem Geheule!
#12 – THE FLY
(USA 1958, Regie: Kurt Neumann)
Michis: Ich habe den Horrorctober dieser Jahr ganz gut dafür nutzen können ein paar wichtige Filme nachzuholen. So sieht es auch mit THE FLY aus, von dem ich schon einiges gehört, aber noch nichts gesehen hatte. Viel erwartet hatte ich nicht und wurde sofort von der unkonventionell erzählten Story überrascht. Anstatt einer üblichen Horror-Plot-Entwicklung präsentiert THE FLY zunächst einen Kriminalfall, den es zu lösen gilt. Erst im Verlauf dessen kommt der Zuschauer hinter die Mysterien, die sich um den Tod des Erfinders und seinen angeblichen Mörder ranken, womit sich der Film schließlich zum eigentlichen Horrorfilm entspinnt. Das alles ist sehr clever gemacht, im Gegensatz zu den stumpfen Dialogen und den mittelmäßigen Schauspielern. Hätte die Produktion mehr Geld springen lassen, wäre THE FLY sicher noch sehenswerter geworden, aber auch so merkt man ihm seine Besonderheit in der Masse der Monsterfilme an.
Falls ihr Interesse an einem noch ausführlicheren Statement und der Meinung von Niels zu THE FLY habt, seid ihr herzlich eingeladen unseren Podcast Folge 76 dazu anzuhören.
#13 – UNDER THE SKIN
(UK 2013, Regie: Jonathan Glazer)
Niels: Den krönenden Abschluss unseres Son of #Horrorctober wollten Michi und ich im Kino feiern. Passend dazu gab es den viel diskutierten UNDER THE SKIN in einer seiner wenigen Vorstellungen zu sehen. Scarlett Johansson spielt ein mysteriöses Wesen, das Männer verführt, um mit ihnen dann… Nun ja, das ist schon der erste interpretationswürdige Punkt. Der Film stellt unzählige Fragen und gibt wenige Antworten. Der Zuschauer ist konstant gefordert, sich einen Reim auf das Geschehen zu machen. Dass die Hauptfigur nur menschlich aussieht, ist schnell klar. Doch was ist sie dann? Was bezweckt sie? Ist sie allein oder Teil einer Gemeinschaft? Auf der inszenatorischen Ebene erinnert UNDER THE SKIN an Kubricks 2001 – A SPACE ODISSEY oder so manches Werk von David Lynch: Ungewöhnliche Kamerapositionen, ein oft atonaler Score, viele fast gänzlich in schwarz und weiß getauchte Bilder und viele Einstellungen der schroffen Landschaft Schottlands. Wer daran Freude hat, wird bei UNDER THE SKIN Spaß beim Miträtseln empfinden, wobei ich mal unterstelle, dass unter der Oberfläche dann doch eine relativ simple Geschichte steckt, was mein Seherlebnis aber keineswegs schmälerte.
Glazer bietet dem Zuschauer durchaus genügend Verschnaufpausen, um ihm zahlreiche Gedankengänge zu ermöglichen. Ob man das nun als positiv oder langweilend bewertet, bleibt jedem selbst überlassen. Mir hat der einzigartige Ansatz zwischen Horror, Avantgarde, Science Fiction und Reflektion übers Mensch-Sein jedenfalls sehr gefallen.