Wish I Was Here (2014)

Wish I Was Here

Zehn Jahre nach GARDEN STATE hat Zach Braff wieder einen Film inszeniert. WISH I WAS HERE will ein echtes Feel-Good-Movie sein – manchmal zu sehr.
Davon berichtet unser Gastautor David Segler, der in unserem Podcast bereits einerseits seine eigenen Bemühungen als Regisseur vorgestellt hat und der darüber hinaus vor kurzem mit Jan das Filmfest München Revue passieren ließ.

Jeder, der schon mal selbst einen Film gemacht hat, wird wissen, was für ein Kraftakt dazu nötig ist. Geld und Leute zu finden, welche die eigene Idee zum Leben erwecken, ist eine ebenso faszinierende wie auslaugende Erfahrung. Zach Braff kann davon sicher ein Lied singen. Es wird nicht von ungefähr kommen, dass zwischen seinem Regiedebüt GARDEN STATE und seinem neuen Film WISH I WAS HERE ganze zehn Jahre liegen. Und man kann wirklich nicht behaupten, dass GARDEN STATE ein Flop gewesen sei. Der Film hat in kürzester Zeit quasi Kultstatus erlangt und findet sich heute auf unzähligen „Meine absoluten Lieblingsfilme“-Listen (auf meiner übrigens nicht). Doch eben dieser Film und Braffs neuer samt dessen Entstehungsgeschichte sind ein wichtiges Beispiel dafür, dass ein gefeierter Film keineswegs ein Garant für weitere Projekte ist.

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© Wild Bunch Germany

Braff hat sich für eine Teilfinanzierung über Crowdfunding entschieden – also die Finanzierung eines Projektes über Spenden von Fans und Begeisterten. Seiner eigenen Aussage nach auch deshalb, weil er „Kickstarter“ und andere Crowdfunding-Plattformen mehr ins Licht der Öffentlichkeit rücken wollte. Das hatte zwei Effekte. Zum einem gab es eine überwältigende Resonanz, die angestrebten zwei Millionen Dollar wurden innerhalb von 48 Stunden erreicht, am Ende reichte es sogar für drei Millionen – die Hälfte des Gesamtbudgets. Zum anderen gab es auch überwältigend viel Kritik – meist negative. Wie es denn sein könne, dass so ein bekannter Schauspieler wie Zach Braff Geld von Fans für seinen Film sammelt. Braff fühlte sich unverstanden – wahrscheinlich zu Recht.

Wie anfangs erwähnt, vom Kraftakt so einen Film zu stemmen, ist im Kino meist nicht viel zu sehen, und darüber wird auch nicht geurteilt. Überhaupt gibt es bei Filmproduktionen ganze Abteilungen, die Wunder vollbringen, Unmögliches möglich machen und am Ende heißt es dann vielleicht, dass der Drehort perfekt organisiert war für reibungslose Dreharbeiten. Sowas kann man im Kinosaal jedoch nicht wertschätzen, so sehr man sich auch bemühen mag. Drehbuchautor ist längst nicht der einzige Schattenberuf im Filmgeschäft – lediglich der prominenteste.

Doch was ist denn nun eigentlich aus dem Kraftakt geworden? Ist das Ergebnis all dieser Mühen ein Film, dem man seine Liebe und seinen Aufwand ansieht? Definitiv. Ist er ein kleines Meisterwerk? Definitiv nicht. Wie schon bei GARDEN STATE und vielen anderen amerikanischen Indie-Filmen passt auch hier das Label Feel-Good-Movie. Ein Etikett, das selten ausreicht und hier auch nicht ganz zutrifft. Ein „Ja zum Leben“-Film würde es im Fall von WISH I WAS HERE wohl eher treffen (klingt aber nicht so cool). Braff spielt (natürlich) selbst die Hauptrolle, er ist als Figur die erfolglose Version seiner selbst – ein Schauspieler. Er hat eine kleine schräge, aber natürlich liebenswerte Familie. Die größte Hürde in diesem Film wird für ihn sein, seinen Vater loszulassen und seinen Bruder dazu zu überreden, wieder Teil dieser Familie zu werden. Das ist am Anfang der Konflikt und am Ende das gelöste Problem, so viel kann man sagen, ohne zu viel zu verraten.

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© Wild Bunch Germany

Das Problem von Braff ist, dass er zu viel Zeit in seine liebevoll schräge Welt investiert hat und zu wenig in die Figuren, die diese Welt bewohnen. Braffs Figur hat kaum Ecken und Kanten, sein Bruder ist ein wenig merkwürdig, sein Vater ein wenig schwierig, seine Tochter ein wenig eigen – aber sicher nicht so „einzigartig und großartig“ wie ihr Vater es ihr in einer Szene versichert. Das größte Problem ist aber Kate Hudson als Braffs Ehefrau. Sie darf ihn unterstützen, lieben, mal kritisieren, aber von einem eigenständigen Charakter ist praktisch nichts zu merken. Da hilft es auch nicht, dass Braff ihr einen Schlüsselmoment mit dem Vater seiner Figur geschrieben hat – der verpufft auf Grund der Bedeutungslosigkeit ihrer Person.

Nicht falsch verstehen: Die Witze sind pointiert geschrieben, die Motive toll gewählt, die Charaktere schon allesamt liebenswürdig. Aber Braff hat einfach ein wenig zu sehr auf Slowmotion-Aufnahmen am Meer bei Sonnenuntergang und zu wenig auf eigenständige, auch mal sperrige Figuren gebaut. Die Wochenzeitung „Die Zeit“ hat einst eine treffende Analyse von Til Schweigers Filmen verfasst, der Titel lautete: „Kino wie Nachtisch“. Natürlich kann man Schweiger nicht mit dem weitaus inspirierteren Braff vergleichen, aber auch hier hat man das Gefühl, viel Zucker zu sich zu nehmen und vermisst manchmal ein wenig einen anderen Geschmack. Andererseits hat Zucker seine Wirkung ja noch nie verfehlt. Vor allem wenn er mit einem solchen Kraftakt serviert wird.